Der Künstler ließ im Garten alles nach eigener Fasson wachsen. „Das aber missbilligte der Vorstand, der darauf achtete, dass alles in Reih und Glied angebaut, gepflegt und geerntet wurde. … Aber der Maler hatte bereits für Verwirrung gesorgt, als er einen ausgegrabenen Baumstumpf wieder in das Loch pflanzte. Allerdings mit den Wurzeln nach oben.“ Heinz Knobloch | Bergmann-Hannak. Ein Überblick | Berlin 1993
Bergmann-Hannak, Herbert
Ein Welttheater nach eigener Fasson ►Herbert Bergmann-Hannak arbeitet gerne mit eigenwilligen Mitteln wie Kugelschreiber und Filzstiften auf unkonventionellen Malgründen wie alten Rechnungen.
Seine Bilder über Krieg, Militarismus, Kirche und Theater scheinen folkloristisch in der Tradition der russischen Bilderbuchgrafik und sind doch surreal. Der Maler reproduziert detailreich die Welt seines Gedächtnisses und beunruhigt mit quirligen Figuren und Formsequenzen. Seine Kindheit hatte er in Böhmen verbracht, eine Textilfachschule besucht und als Musterzeichner in einer Seidenfabrik gearbeitet. Auf allen seinen Bildern sind folkloristische, paradiesische oder surreale Motive musterartig über das gesamte Blatt verteilt, sie wirken fortlaufend wie Erinnerungssplitter und Traumsequenzen. Das Theaterbild „Austerlitz“ mit dem unverfälschten Beieinander von quer Gedachtem und Gestelltem ist mehr als die thematische Behandlung von Krieg und Militarismus – es wiederspiegelt eine durch Kriegserlebnisse tiefsitzende eigene Haltung .
Bergmann-Hannak gehörte zu den unbequemen Außenseitern im Künstlerverband der DDR. Viele seiner Malerkollegen hielten ihn für einen eigensinnigen Zeitgenossen. Eine schwere Kopfverletzung, die vom Zweiten Weltkrieg stammte, beeinträchtigte seine Gesundheit, so dass er oft unausgeglichen und zuweilen abwesend wirkte. Auch als Maler fand Herbert Bergmann-Hannak bei den Kulturfunktionären wenig Anklang, da er sich nur schwer einem vorherrschenden Stil zuordnen ließ.
Seine Bilder hat er selten verkauft. Viele landeten im Ofen, weil er keinen Platz hatte, oder er übermalte sie. Das Geld war nicht wichtig, es hat ausgereicht. Seine Frau Ilse, die er vor anderen Leuten nie anders als „Meine Liebste“ nannte, war ihm das Wichtigste. Einnahmen brachten vor allem Aufträge für architekturgebundene Kunst, wie z.B. 1960 der Glasmosaikbrunnen in der Storkower Straße in Berlin. Außerdem leitete er viele Jahre einen Zeichenzirkel für Kunsterzieher in Oranienburg bei Berlin. Dafür erhielt er vom Kulturfonds wöchentlich 50 Mark. Eigene Kataloge finanzierten ihm 1993, 1998 und 2004 gute Freunde und Bekannte. Mit seiner Rente kann er sich ein Zimmer in einem altersgerechten Wohnheim in Pankow leisten. Neben seinem Bett stapeln sich in einem Regal die wichtigsten Werke seines künstlerischen Schaffens. Der Raum dazwischen bietet gerade Platz für eine Staffelei.
* 1921 Grulich (Králíky, Tschechoslowakische Republik), † 2013 Berlin-Pankow, 1937–39 Lehre als Weber, 1939–43 Kriegsdienst, schwer verwundet vom Wehrdienst entlassen, 1943–45 Besuch der Textilfachschule in Reichenberg (Liberec), 1947–49 Studium der Malerei an der Hochschule für Baukunst und Bildende Künste Weimar und der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Heinz Trökes, Fritz Dähn, 1950–53 Meisterschüler an der Akademie der Künste Berlin bei Heinrich Ehmsen, 1953–57 Assistent an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst Berlin-Weißensee, ab 1957 freischaffend in Berlin.